GESCHICHTE


1901–1951

Am 4. Oktober 1901 schlossen sich die Gesangsvereine Gemischter Chor der Stadt Bern, Echo Mattenhof und Sängerbund Länggasse zum Gemischten Chor Harmonie Bern zusammen. Als erster musikalischer Leiter wurde Max Grundig, Musikdirektor aus La Chaux-de-Fonds gewählt. 1904 folgte ihm Hans Gribi. Er war ein begabter und beliebter Dirigent und Liederkomponist, dessen Werke öfters vom Chor aufgeführt wurden. Nach dem Hinschied von Hans Gribi im Jahre 1924, übernahm Richard Flury aus Solothurn während 4 Jahren die Leitung des Chores und nach ihm bis 1932 der Gesangslehrer Hugo Keller. Zum Präsidenten wählte die Gründerversammlung Christian Kropf, als dessen Nachfolger leitete Joseph Henzi während 14 Jahren den Chor.

Nach Henzis Demission wurde 1926 Ernst Fankhauser zum Präsidenten gewählt. Er erwies sich als kluger Mann, der mit untrüglichem Instinkt das realpolitisch Mögliche sah, diplomatisch die Schwierigkeiten meisterte und von den damaligen Mitgliedern als Mentor und guter Geist der "Harmonie" verehrt wurde. 1932 wurde Kapellmeister Walter Aeschbacher als Dirigent gewählt. Er verhalf dem Chor zu Ansehen und vielseitigem Können. Bis zum 50-Jahr-Jubiläum 1951 gab es in der obersten Leitung des Chores keine Änderungen. Die Geschichte des Chores lag in den bewährten Händen von Walter Aeschbacher und Ernst Fankhauser.

Die Konzerte fanden hauptsächlich in der Französischen Kirche statt. Sie wurden auch immer anspruchsvoller. "Die Jahreszeiten" und die "Schöpfung" von Haydn, Mozarts Requiem, eine Schubert Messe, Händels "Messias" standen auf dem Programm. Die Zusammenarbeit mit dem Berner Musikkollegium bewährte sich ganz besonders. Daneben trat der Chor an Sängertagen des Kreisgesangsverbandes und an kantonalen Gesangsfesten, an Singtreffen des Schweizerischen Verbandes Gemischter Chöre, an gemeinsamen Konzerten mit dem Männerchor Konkordia und immer wieder auch im Radio auf. Gesamthaft gesehen war dies eine Zeit des Aufbaus und der Festigung.

19511978

In dieser Zeitspanne entwickelte der Chor eine rege Konzerttätigkeit. Waren in den vorangegangenen Jahren gemeinsame Konzerte mit anderen Chorgemeinschaften notwendig, um auch Werke der grossen Meister aufführen zu können, fiel dies nun dank einem Mitgliederbestand von über 100 einsatzfreudigen Sängerinnen und Sängern weg. Die Konzerte fanden in der Französischen Kirche und ab 1959 auch im Casino statt. Dazu wurde an unzähligen Gesangsanlässen in der ganzen Schweiz teilgenommen. Ein Höhepunkt muss die Konzertreise vom 6. bis 12. April 1959 nach Sassari in Sardinien gewesen sein. Das verstärkte Berner Kammerorchester und der Berner Gemischte Chor Harmonie, interpretierten Händels "Messias" zusammen mit den Solisten Leni Neuenschwander, Sybille Krumpholz, Hans Jonelli und Arthur Loosli. Das Publikum wurde zu enthusiastischen Beifallsstürmen hingerissen und die Presse war des Lobes voll.

Am 14. Dezember 1966 wurde Richard Schwarzenbach als Nachfolger des langjährigen Dirigenten Walter Aeschbacher gewählt; er leitete den Chor bis 1977. Im Jahre 1969 fand zusammen mit dem Union-Chor Wetzlar in der Französischen Kirche ein Konzert statt. Vorausgegangen war dasselbe Konzert im Dom von Wetzlar mit Werken von Schütz, Distler, Suter, Matther sowie Haydns "Missa Brevis", Vivaldis "Gloria" und Mozarts "Te Deum". 1973 reiste der Chor zum 100-jährigen Bestehen des Union-Chors nach Wetzlar. 1976 nahmen die Wetzlarer am 75-Jahr-Jubiläumskonzert des Berner Gemischten Chores im Casino teil. Das "Schicksalslied" von Brahms, ein Psalm von César Franck und die "Cäcilienmesse" von Gounod gelangten zur Aufführung. Es war ein erfreuliches Zusammengehen der beiden Chöre, welches durch die Vermittlung der Schweizer Botschaft in Köln und des Verbandes Gemischter Chöre Basel zustande kam.

An der Generalversammlung vom 6. November 1970 wurde durch Mehrheitsbeschluss die Namensänderung in "Berner Gemischter Chor" vollzogen.

19782004 BRUNO GOETZE

Im April 1978 wählte der Berner Gemischte Chor Bruno Goetze zum neuen musikalischen Direktor. Er trat damit die Nachfolge des erkrankten Richard Schwarzenbach an. Goetze war Musiklehrer am Konservatorium und am Gymnasium Bern-Kirchenfeld sowie Dirigent des Akademischen Orchesters Basel. Mit ihm stand dem Berner Gemischten Chor nicht nur ein erfahrener Chordirigent, sondern auch ein versierter Orchesterleiter zur Verfügung. Unter seiner Leitung brachte der Chor ab 1979 jedes Frühjahr ein grosses Konzert für Chor und Orchester im Casino Bern zur Aufführung. Die erfreuliche Zusammenarbeit und die positiven Reaktionen des Publikums liessen bald einmal den Wunsch nach einem zweiten Konzert im Herbstquartal aufkommen. Durch die Dirigententätigkeit von Goetze in Basel eröffneten sich für den Chor neue Möglichkeiten. Im September 1984 konzertierte der BGC erstmals mit dem Akademischen Orchester Basel. Damit begann für alle Beteiligten eine schöne, viele Jahre dauernde Zusammenarbeit.

Zu einem unvergesslichen Erlebnis wurden die Münsterspiele 1991 (anlässlich der Jubiläen 700 Jahre Gründung der Eidgenossenschaft und 800 Jahre Gründung der Stadt Bern). Unter den über 300 Mitwirkenden war neben dem Theaterchor und einem Blasorchester auch ein grosser Teil des Berner Gemischten Chores beteiligt.

Der Berner Totentanz (Text: Manuel Deutsch, Musik: Heinrich Sutermeister, Regie: Peter Ahrens, Der Tod: Mathias Gnädinger, Musikalische Leitung: Bruno Goetze) wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Dank prächtigem Spätsommerwetter konnten 26 ausverkaufte Vorstellungen stattfinden. Allen Beteiligten wird das Ereignis unvergesslich in Erinnerung bleiben.

Ein besonderes Erlebnis war auch die Mitwirkung im Rahmen der Konzerte mit dem Berner Symphonie-Orchester. 1992 wurden unter Eliahu Inbal die 2. (H-dur, op. 14) und 3. (Es-dur, op. 20) Symphonie von Dmitri Schostakowitsch (beide mit einem Schlusschor in russischer Sprache) aufgeführt.

1998 war der BGC zusammen mit den andern grossen Berner Chören an der Aufführung von Beethovens 9. Symphonie unter Dmitrij Kitajenko beteiligt.

2001 wurde das 100-jährige Bestehen des BGC mit zwei Aufführungen der "Schöpfung" von Joseph Haydn in Saignelégier und im Kultur Casino Bern gefeiert. Im Herbstkonzert folgte im November eine Aufführung der Messe in D von Antonin Dvořák und der eigens zu diesem Anlass komponierten "Dithyrambe 2001" von Klaus Sonnenburg.

Zu einem Höhepunkt wurde das Konzert zum 25-Jahr-Jubiläum von Bruno Goetze, das am 5. Dezember 2003 im fast voll besetzten Münster stattfand. Auf dem Programm standen das Requiem d-moll KV 626 von Wolfgang Amadeus Mozart und Anton Bruckners Te Deum. Ein Jahr später trat Bruno Goetze nach einem letzten Konzert von seinem Amt zurück.

20052014: CHRISTOPH MARTI

Am 19. Januar 2005 wählte eine ausserordentliche HV Christoph Marti, Musiklehrer am Gymnasium Neufeld, zum neuen Leiter des BGC. Er führte die Tradition der gepflegten Einstudierung und Aufführung geistlicher Chormusik weiter. Schwerpunkte waren Chorwerke des 18. und 19. Jahrhunderts (Barock, Klassik, Romantik). Stets lag die Aufmerksamkeit auf unbekannten, selten aufgeführten Werken, die es nach Martis Ansicht verdienten, der Zuhörerschaft vorgestellt zu werden. So kam es wiederholt zu Berner oder Schweizer Erstaufführungen (Messe in D von Ethel Smyth, "Miserere" b‑moll von E.T.A. Hoffmann, "Genesis" von Rudolf Wagner-Régeny, "Der Tag des Gerichts" von Georg Philipp Telemann, "Mysterium" von Nino Rota, "Judicium Salomonis" von Marc-Antoine Charpentier).

Besondere Erlebnisse waren die Zusammenarbeit mit den Swissair Voices von Kloten und dem Kinderchor Bülach für das Oratorium "Mysterium" von Nino Rota zu dessen 100. Geburtstag im Jahre 2011. Dadurch wurden Aufführungen in Bern und im Grossmünster Zürich ermöglicht. Ein Jahr später konnte der BGC zusammen mit dem Sinfonieorchester Ausserschwyz anlässlich der Aufführung "Gericht" (dem mittleren Teil eines dreiteiligen Oratoriums) von Joachim Raff in Lachen, dem Geburtsort des Komponisten, ein zweites Mal auftreten.

Drei Kantaten von Johann Sebastian Bach standen auf dem Programm des letzten Konzertes in der gut besuchten Französischen Kirche, mit dem sich Christoph Marti am 8. November 2014 nach zehn Jahren vom BGC verabschiedete.

2015–2022: João Tiago Santos

Bereits am 2. Juli 2014 wurde an der ausserordentlichen Hauptversammlung des BGC João Tiago Santos zum neuen Dirigenten gewählt. Mit ihm gewann der Chor einen jungen, aber dank Studien in Lissabon, St. Petersburg und Zürich schon sehr versierten Dirigenten. Er leitete die Kantorei der reformierten Kirche Illnau-Effretikon und dirigierte von 2013 bis Anfang 2017 den Chorkreis St. Gallen. Ab 2018 betreute er den Jugend- und Kinderchor der Musikschule in Rapperswil-Jona und 2020–2022 den Messias-Chor Zürich. Das von ihm 2013 gegründete Orchester Sinfonietta Zürich ermöglichte gemeinsame Projekte und zusätzliche Auftritte in Zürich.

Schon im ersten Konzert 2015 gelangten zwei Auftragskompositionen zur Uraufführung – ein Zeichen, dass der Chor auch künftig unter anderem weniger bekannte oder zeitgenössische Werke pflegte. Dank der Beziehungen des neuen Dirigenten war ein zweites Konzert in der Kirche Effretikon möglich.

Im Konzert "Nonsense" von 2016 widmete sich der BGC zusammen mit dem Chorkreis St. Gallen weltlichen Werken von Richard Rodney Bennett, Ernst Toch, Joseph Bovet und Dmitri Schostakowitsch, Dessen "Antiformalistischer Rayok", eine bitterböse Satire auf die damalige sowjetische Kulturpolitik, wurde zum Höhepunkt des Konzerts. In den folgenden Jahren führte der BGC Werke von Giacomo Puccini (Messa di Gloria), Felix Mendelssohn Bartholdy (Psalm 42), Antonio Vivaldi (Gloria in D) und Johann Sebastian Bach (Kantate 140) auf. Darunter war 2018 auch wieder eine Uraufführung, die Arie für Bariton und Chor "Father Christmas in Abendrot" von Timothy Dunne.

Im Herbstkonzert 2019 feierte der BGC das Beethoven-Jahr 2020 (250. Geburtstag) schon vorher. Zur Aufführung gelangte die C‑dur Messe des Jubilaren. Dazu komponierte João Tiago Santos im Auftrag des BGC das Werk "Post-truth", das der zeitlosen Frage 'Was ist Wahrheit?' gewidmet ist.

Die Corona-Pandemie und der Lockdown machten die Pläne für 2020 zunichte. Die Proben konnten erst im Mai 2021 in reduzierter Form wieder aufgenommen werden. João Tiago Santos lies den Chor eine Missa Brevis von Mozart zu Hause üben – mit dem Ziel einer kleinen internen Aufführung ohne Publikum. Weil das sehr gut gelang, folgten drei weitere kleine Konzerte vor kleinem Publikum, das letzte am 1. April 2022.

Nach einem gemeinsamen Konzert mit dem Messias-Chor Zürich im Sommer 2022 mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy verabschiedete sich João Tiago Santos im November 2022 von Bern mit einem kleinen Konzert "Musik für den Frieden".

Seit 2022: Bernhard Pfammatter

Die ausserordentliche Hauptversammlung des BGC wählte am 7. September 2022 Bernhard Pfammatter zu seinem neuen Dirigenten. Schon das erste Konzert mit dem Titel «Trauer in Wien» war ein Highlight: Im November 2023 kam Mozarts Requiem zusammen mit Trauermusik aus dem Barock von Vivaldi und Caldara in der ausverkauften Französischen Kirche Bern und in der Klosterkirche St. Urban zur Aufführung. Das Konzert war ein voller Erfolg und ein fulminanter Start mit dem neuen Dirigenten.

Mit dem Programm "LiederSpiele" widmete sich der Chor im Mai 2024 Liedern der Romantik von Schumann und Rheinberger im Konservatorium Bern und in der KulturKapelle Spiez.